Peer Gynt im Schauspiel Leipzig

Foto: Rolf Arnold/Schauspiel Leipzig

Peer Leer

Von Daniel Merbitz

Henrik Ibsen – sein »Peer Gynt« ist ein großes, poetisches Welttheater, ein Reflex auf Goethes »Faust«, ein mythisches Ab- und Auftauchen in der menschlichen Seele. Provokant, energiegeladen, mit großartigen Bildern hat Wolfgang Engel im Jahr 2005 am Leipziger Schauspielhaus Maßstäbe gesetzt und ein schlüssiges Inszenierungskonzept gefunden, um diesen »nordischen Faust«, diesen Peer Gynt (Aurel Manthei), die Schönheit, Bitterkeit und Symbolik atmen zu lassen.

Erinnert sei auch an die legendäre Inszenierung am Berliner Ensemble: Peter Zadek im Jahr 2004 mit einem lebenshungrigen Gynt (Uwe Bohm) und einer entblätterten Anitra (Anouschka Renzi).

Es ist daher schon erstaunlich, wie man so ein wunderbares, magisches Stück zerlegen kann: nicht nur der Bühnenboden des Großen Hauses in der Bosestraße wurde mit Äxten malträtiert, sondern auch die Ästhetik und Werktreue. Regisseur Philipp Preuss, eigentlich mit seinem »Sommernachtstraum« (2015) in Leipzig gut angekommen, stellt jetzt sieben Peer Gynts auf die Schaumblasenbühne, lässt Nebel steigen bis die Augen tränen und Techno-Beats hämmern, dazu eine sinnentleerte Live-Kamera und unterm Schaum eine Staatskarosse.

Was die Planet-der-Affen-Einlage (der Affe sortiert Luftballonbuchstaben und behauptet: REVOLUTION) soll, ist nicht ersichtlich. Dafür wurde die starke Frauenrolle weggelassen: der Traum jeder Elevin, eine Solveig zu sein, ist in Leipzig ausgeträumt.

Doch ist nicht alles schlecht: Dieter Jaßlauk, die Schauspielhauslegende, zaubert eine tolle Szene im Gynt-Knopfgießer-Dialog, bei leisen Klavierklängen.

Fazit: So wie der Schaum auch, fällt am Ende das Regiekonzept in sich zusammen. Die Blasen offenbaren ihr Inneres: Peer Leer. Schade.

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im März 2017