Beeindruckendes Beethoven-Finale

Für den Abschluss seines Beethoven-Sinfonie-Zyklus hatte Herbert Blomstedt die seltener zu hörenden Sinfonien 1 und 4 gewählt. Zwischen ihnen erklang das Violinkonzert mit Anne-Sophie Mutter als Solistin. Selbstverständlich galt das Interesse der meisten Konzertbesucher der weltberühmten Solistin. Mit ihrer Gestaltungskraft und zauberhaften Klanggebung faszinierte sie denn auch an drei ausverkauften Abenden Gewandhauses.

Herbert Blomstedt ließ indes erleben, dass der 29-jährige Beethoven schon mit seiner heute unterschätzten »Ersten« ein Meisterwerk geschaffen hat. Zwar ist in der Partitur noch das Vorbild der späten Sinfonien Haydns zu erkennen. Doch es klingt wirklich vom ersten Akkord an alles wie Beethoven, sowohl in der motivisch-thematischen, rhythmischen und harmonischen Gestaltung als auch im Einsatz der Instrumente.

Solche Zurücksetzung muss sich auch die für leichtgewichtig gehaltene »Vierte« gefallen lassen. Es wird überhört, welch neue Töne Beethoven in beschwingten, heiteren Werken oder Werkabschnitten erklingen lässt, welche Kraft sie ausstrahlen.

Der Gewandhaus-Ehrendirigent lässt mit »seinem« Orchester nur Klang werden, was in der Partitur steht. Da wird nichts überdreht oder überdehnt. So darf man auf die CD-Box mit allen »Neunen« gespannt sein, die zum 90. Geburtstag dieses großartigen Dirigenten im Sommer erscheinen wird.

W. W.

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im April 2017