Buch der Mode

Mode macht Status

Von Lavinia Hudson

Was bedeutet Mode in der heutigen Gesellschaft? Prestige, soziales Ansehen, Lauf­stege, und magere Models, unterbezahlte Beschäftigte oder auch hohe Gewinne der Unternehmen?

In einer Welt, in der die Fast-Fashion, schnelle Kollektionen, eine Globalisierung der Mode und multinationale Konzerne wie H&M, Zara, Primark den Massenmarkt mitbestimmen, findet eine immer größere Produktion und ein damit einhergehendes Absterben der Kreativität der Designer statt. Es gilt das Motto: Masse statt Klasse! Aber auch für textilfremde Anbieter wie Discounter und Supermärkte ist Kleidung ein einträgliches Geschäft. Die Journalistin und Aktivistin Tansy E. Hoskins, selbst mode­bewusst, beschreibt in ihrem 2015 vom Londoner Institute of Contemporary Arts zum Buch des Jahres gewählten Sachbuch die Modewelt.

Tansy E. Hoskins hat eine klare Haltung; »Mode ist ein Schlüssel für das Verständnis von Ideologien. Sie ist so stark mit Macht und Status verbunden, dass es ausreicht, die Kleidung zu wechseln, um jemanden aus der Unterschicht das Prestige der herrschenden Klasse zu verleihen.« Hopkins recherchierte umfassend Statistiken und Fakten zum Thema Mode in all seinen Facetten aus Konsum und Business, Umweltschutz und gefährlichen Schönheitsidealen. Das Buch zeigt dabei die Probleme, den immer stetig wachsenden Konsumbedarf der Menschen zu befriedigen. »Ich shoppe, also bin ich.« In zehn Kapiteln gewährt Hoskins einen Einblick in die Modeindustrie, wie man ihn sonst nicht bekommt. Sie hinterfragt die neue Zeit mit ihren Modebloggern genauso wie die käuflichen Modemagazine. Ist der Kunde heute noch König? Wie sieht es mit der Gewerkschaftsarbeit in Bangladesch aus? Die Luxusunternehmen wie Louis Vuitton und Chanel werden hinterfragt. Hoskins wirft einen Blick auf das gemeinschaftliche Produzieren und zeigt die Chancen und Risiken auf. Ein ergreifendes Buch, immer die Missstände einer Industrie betrachtend, ohne jedoch den Spaß an der Mode zu verderben.

Hoskins, Tansy E.: Das antikapitalistische Buch der Mode. Rotpunktverlag Zürich 2016. 300 Seiten. 24,00 Euro. ISBN 978-3-85869-705-9

Auszug aus »Das antikapitalistische Buch der Mode« von Tansy E. Hoskins

»Ignoriert man soziale Umstände, könnte man meinen, dass das Tragen ›schlechter‹ Kleidung ein Indiz dafür sei, dass man ›aufgegeben‹ habe. In diesem Fall vergisst man jedoch den Einfluss der Faktoren Gender und Klasse sowie der Wirtschaftskrisen, die Armut begünstigen und Menschen an einem selbstbestimmten Leben hindern. Engels wies bereits 1844 darauf hin, dass wirtschaftliche Umstände nicht durch Arbeitsbereitschaft, Sparsamkeit oder Durchhaltevermögen wettgemacht werden können – und auch nicht durch schöne Kleidung. Ohne den Klassenaspekt gäbe es jedoch nicht die Modeindustrie, wie wir sie heute kennen. Kleidung ist für wohlhabende Menschen ein wichtiger Weg, ihren Reichtum zu zeigen und zu reproduzieren. Haben die Massen Zugang zu ihrer elitären Kleidung (oder nähern sie sich ihr an), suchen sie sich etwas anderes, um allen anderen weiterhin einen Schritt voraus zu sein. Ein Beispiel dafür ist Burberry, dessen elitärer Ruf eine Zeit lang litt, als die Marke temporär zu einem Favoriten der Unterschicht wurde. Burberry hatte hundertfach Lizenzen für die auffälligen Karomuster vergeben und die exklusive Marke, die zudem oft gefälscht wurde, war auf einmal ein Massenprodukt. Es gab Schals, Regenschirme, Handtaschen und sogar Hundemäntelchen, und in den Fußgängerzonen wimmelte es von Burberry, bis Chefdesigner Christopher Bailey das Ruder herumriss und den Einsatz des Karos auf 5 Prozent begrenzte.«

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Rotpunktverlages Zürich!

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Oktober 2018