Foto: Karl Heinz Mai
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Karl Heinz Mai – Reporter auf drei Rädern

Von Dr. Volker Külow

Im Februar 2020 würde der Leipziger Fotograf Karl Heinz Mai seinen 100. Geburtstag begehen. Der berühmte »Reporter auf drei Rädern« starb allerdings schon 1964, im Alter von 44 Jahren. Aus Anlass des Jubiläums hat der Lehmstedt Verlag ein neues Buch »Reporter auf drei Rädern – Fotografien 1945-1964« veröffentlicht und die Stadtbibliothek am Leuschnerplatz dem Fotografen eine Ausstellung gewidmet.

Den Lebensweg von Karl Heinz Mai zeichnet Christoph Kaufmann, Leiter der Fotothek des Stadtgeschichtlichen Museums, in seinem einfühlsamen Vorwort nach. Hier erfährt das Publikum, dass der junge Kaufmannsgehilfe im Mai 1941 eine schwere Kriegsverletzung erlitt, die zur Amputation beider Beine führte. Fortan war Mai auf seinen dreirädrigen Rollstuhl mit Hand angewiesen. Mit dem »Selbstfahrer« durchstreifte er ab Kriegsende die Stadt. Stets war er auf der Suche nach neuen Motiven und schuf so Tausende ungeschönter Aufnahmen vom harten Nachkriegsalltag in Leipzig. Seine durch das Handicap erzwungene leichte Untersicht sorgte für eine ganz eigene Ästhetik seiner Fotografie, wie Kaufmann zutreffend herausarbeitet; sie ermöglichte, dass er den häufig fotografierten Kindern auf »Augenhöhe« begegnen konnte. Was Mai von vielen anderen Amateur- und Berufsfotografen seiner Zeit unterschied, war auch sein besonderer Blick für soziale Randgruppen. Kein anderer hat Kriegsversehrte, Flüchtlinge und selbst Bettler in so großer Zahl und berührender Nähe fotografiert wie Karl Heinz Mai. Die Nähe zu den Menschen war sein Markenzeichen.

Die Jahre nach 1949 boten Mai völlig neue Herausforderungen. Jetzt widmete er sich verstärkt der regen Bautätigkeit im Stadtzentrum, aber auch außerhalb des Innenstadtrings. Es gibt kaum eine Großbaustelle der 1950er und frühen 1960er Jahre, die er nicht mit seiner Kamera immer wieder ins Visier genommen hat. Da er die Baustellen mehrfach aufnahm, sind Baufortschritt und die damalige Bautechnologie gut nachvollziehbar.

Mai zählt nach seiner Wiederentdeckung ab den 1980er Jahren zu den bekanntesten deutschen Fotografen der Nachkriegszeit. Seine Fotografien gehören somit nicht nur zu den kulturellen Schätzen der Stadt Leipzig, sondern sind hervorragende Zeugnisse der deutschen Alltagsgeschichte zwischen Zerstörung und Wideraufbau in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Dem Lehmstedt Verlag und Christoph Kaufmann gebührt ein großes Dankeschön für dieses wundervolle Buch.

Karl Heinz Mai. Reporter auf drei Rädern. Fotografien 1945–1964. Herausgegeben von Mark Lehmstedt. 160 Seiten. 24,00 Euro. ISBN 978-3-95797-095-4

Ausstellung: »Karl Heinz Mai – Reporter auf drei Rädern« Fotografien 1945 bis 1964. Zum 100. Geburtstag des Leipziger Fotografen Karl Heinz Mai am 28. Februar 2020. Eine Ausstellung der Fotothek Mai Leipzig, in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Geschichtsverein e. V. und dem Lehmstedt Verlag.
Vom 21. November 2019 bis 29. Februar 2020 in der Stadtbibliothek Leipzig. Die Ausstellung kann während der Öffnungszeit der Stadtbibliothek bei freiem Eintritt besichtigt werden.

Der Beitrag ist erschienen auf LEIPZIGS NEUE Seiten im Dezember 2019

Foto: Karl Heinz Mai

 

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