Schwarzer Gerichtstag / Hartz-IV-Rebellin / Elbe-Vertiefung / Springer-Grundstück

Das war ein »Schwarzer Tag«, die­ser 9. Juli für das Hamburger Landgericht. Die sechs ehemaligen Vorstandsmitglieder der HSH Nord­bank wurden freigesprochen, unter anderem der frühere Finanzchef Dirk Jens Nonnenmacher und der Ex­Chef Hans Berger, denen Untreue in einem besonders schweren Fall vor­geworfen wurde. Zudem war der frühere Kapitalmarkt-­Vorstand Jo­chen Friedrich gemeinsam mit Non­nenmacher wegen Bilanzfälschung angeklagt. In der Urteilsbegründung heißt es, die Angeklagten hätten ihre Pflichten nicht grundsätzlich verletzt, als sie in Zeiten der aufziehenden Finanzkrise per Eilentscheid eine umstrittene Transaktion beschlossen. Für die Richter hat die Fehlentschei­dung der Angeklagten nicht die »Grauzone in Strafbarkeit« über­schritten.

Nach der Staatsanwaltschaft soll­ten neben Berger und Nonnenma­cher vier weitere Manager der HSH Nordbank mit Freiheitsstrafen bis zu 22 Monaten auf Bewährung und Geldstrafen bis zu 150000 Euro für das Finanzgeschäft »Omega 55« zur Verantwortung gezogen werden. Der wirtschaftliche Schaden liegt bei knapp 53 Millionen Euro und brach­te die Nordbank ins Straucheln. Die zwei Mehrheitseigentümer der Bank, Hamburg und Schleswig­-Hol­stein, mussten die Bank mit Steuer­geldern stützen.

Das Gericht sieht, dass die Ex-­Vorstandsmitglieder mit riskanten Geschäften durchaus ihre Pflichten verletzt haben. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat inzwischen beim Bundesgerichtshof eine Über­prüfung des Urteils eingeleitet. Trotz der Freisprüche will die HSH Nord­bank von Dreien der Ex­-Vorstands­mitglieder zivilrechtlich Schadener­satz erstreiten.

Inge Hannemann, als Hartz IV­-Rebellin bundesweit bekannt gewor­den, hatte für ihren Fall keine ein­sichtigen Arbeitsrichter. Nun wird die Jobcenter-­Mitarbeiterin eine Stel­le bei der Hamburger Sozialbehörde antreten. Das wollte die 46­-Jährige vor dem Arbeitsgericht mit ihrem Eilverfahren verhindern. Die Richter sahen für eine schnelle Entscheidung keine Gründe, werden ihr Urteil erst im Herbst im Hauptsacheverfahren klären. Es ist offen, ob und wann Inge Hannemann ihre Tätigkeit am neuen Arbeitsplatz beginnt. Nach wie vor möchte Hannemann zurück an ihren alten Arbeitsplatz im Job­center Altona. Von diesem war sie im April 2013 suspendiert worden, weil sie öffentlich gegen das »System Hartz IV« kämpfte, indem sie Be­stimmungen für ihre »Kunden« sozi­al auslegte.

In diesen Wochen wird vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig entschieden, ob die Elbe vertieft wer­den darf. Bereits am fünften Tag der öffentlichen Anhörung im Juli sprach der Vorsitzende Richter Rüdiger Nofte diesen wohl entscheidenden Satz: »In seiner ursprünglichen Form wäre der Planfeststellungsbeschluss nicht entscheidungsreif gewesen.« Dieser Satz macht den Kern im Mam­mutverfahren zur Verbreiterung und Vertiefung der Elbfahrrinne deutlich. Seit Jahren haben die zuständigen Behörden – die Wasser­ und Schiff­fahrtverwaltung des Bundes und die Hafenverwaltung Hamburg Port Aut­hority – immer wieder einzelne Punk­te des Planverfahrens verändert, er­gänzt, präzisiert. Noch bis zum letz­ten Tag der Anhörung. So war es auch im Oktober 2013, als sie eine Planer­gänzung hinzufügten, auf die sich der Vorsitzende Richter mit seinem Satz bezog. Auch nach immerhin sieben Jahren Planung hätte das Gesamt­werk im Herbst 2013 sonst nicht die Zustimmung des Gerichts gefunden. Es bleibt weiterhin offen, ob es in der aktualisierten Fassung rechtmäßig ist. Das Gericht möchte am 2. Oktober bekannt geben, ob in der Anhörung mit den Parteien alle Fragen beant­wortet werden konnten, ob das Gericht nun ein Urteil sprechen wird oder ob der 7. Senat eine rechtliche Präzisierung des Europäischen Ge­richtshofs in Luxemburg abwarten muss. Dann wird es wohl doch Früh­jahr 2015 werden.

Schneller wird der Umzug des Be­zirksamtes Mitte geschehen. Dieser spektakuläre Immobiliendeal betrifft das Axel-­Springer-­Haus in der Caffa­macherreihe. Im Jahr 2017 sollen die eintausend Arbeitnehmer dahin um­gezogen sein. Einst wollte Zeitungs­könig Springer unweit seiner Zentra­le eine Druckerei hinstellen. Diesem Plan stimmte der Senat in den 1950er Jahren nicht zu. Von heute aus gese­hen, mit Weitblick.

Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe August 2014