Wie weiter nach der Bürgerschaftswahl?

Kürzlich wurde in Hamburg die Bürgerschaft – das Parlament des Stadtstaates – neu gewählt. Trotz anstehender Probleme, als da sind Elbvertiefung, Olympiaaustragung und die Dauerdissonanz Elbphilharmonie – ging nur die reichliche Häfte zur Wahl. Trotz der Verluste von 2,7 % wurden die blass-roten Sozialdemokraten – ihr Bürgermeister und Spitzenkandidat Olaf Scholz sprach die Mitglieder seiner Partei nicht mehr mit »Genossen« an – mit 45,7 % erneut Sieger. Verloren ging ihnen, da die rechtskonservative Alternative für Deutschland 6,1% der Stimmen bekam, die absolute Mehrheit im Parlament, das genau 121 Abgeordnete zählt. Auch schrumpfte sie um vier Abgeordnete auf nun 58.

Das größte Desaster erlebten Angela Merkels »Truppen«. Die Wahl wurde für die CDU eine Fahrt ins Tal der Tränen. Sie verlor acht Abgeordnete und ist geschrumpft auf 15,9% und stellt demzufolge noch 20 Abgeordnete. Nach der Schicksalswahl 2015 der Christdemokraten hat der Landesvorsitzende Marcus Weinberg wie der Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft Dietrich Wersich – beide sind wahrlich nicht allzu sehr in Hamburg bekannt – die Brocken hingeworfen. Für das Amt des CDU-Landesvorsitzenden will jetzt Rüdiger Kruse kandidieren, der Mitglied im Bundestag ist. Nur, den kennt hier auch kaum einer.

Die Grünen bekamen 12,3 % und haben jetzt statt 14 einen Abgeordneten mehr. Von Bürgermeister Scholz sind die Grünen erwählt, das Bürgermeisteramt zu sichern. Ob sie dafür drei Senatorenposten erhalten werden, ist bis jetzt noch nicht sicher.

Der Gewinner der Bürgerschaftswahl 2015 ist DIE LINKE, die 8,5% der abgegebenen Stimmen bekam. Das sind drei Abgeordnete mehr und stärkt die Fraktion jetzt mit 11 Mitgliedern. Das zeigt, DIE LINKE hat ihren Platz in der Stadt gefunden.

Wie einst Westerwelles »Gelbe Mannen«, hat nun Lindners »Gelbe Riege« erneut den Einzug in die Bürgerschaft erreicht, das trotz ihrer obermiesen Bundestags- und Landtagswahlen. Waren es die langen Beine Katja Sudings, die die ARD-Tagesthemen aus Anlass des »Drei Königstreffen« in Stuttgart präsentierten, dass die Wähler in Hamburgs Westen erneut FDP wählten? An dieser oberflächlichen Spekulation beteilige ich mich nicht. Auch die »GALA« half Frau Suding ein wenig. Es bleibt trotzdem für die nunmehr Magenta gefärbten Gelben wie bisher, bei neun Abgeordneten.

Offenbar ein Fremdkörper in der neuen Bürgerschaft ist die Lucke-Truppe. Die trotzige Alternative für Deutschland bekam 6,1%, was umgerechnet acht Abgeordnete bedeutet, die nun gegen den Euro und manches andere streiten werden. Ihr Klientel sind unzufriedene Bürger, die einst die Stadtpartei, dann die Partei Rechtsstaatlicher Offensive des Amtsrichters Ronald Barnabas Schill wählten. Der Mann machte sich, wir erinnern uns, mit harten Urteilen in BILD weit über Hamburgs Grenzen hinaus einen Namen.

Nun sind einige seiner damaligen Mitläufer unter neuer Flagge in das Hamburger Freizeitparlament – so bezeichneten sich die Abgeordneten selbst – zurückgekehrt.

Bis der neue Halb-Rote-Grüne Senat steht – gibt es erst einmal zwischen 45,7% und 12,3% Verhandlungen. Der Juniorpartner der SPD lag schon einmal mit ihr im Bett, dann entdeckten die Grünen die hanseatischen Christdemokraten. Es wird spannend werden, wie demnächst die Hamburger Koalitionsregierung sich präsentiert. Ob Grün der Gewinner ist?

Der Beitrag ist erschienen in LEIPZIGS NEUE, Ausgabe März 2015